Auszüge aus der Rezension im 'Erker'

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Das auch vom Kulturministerium, der Kunststiftung
NRW und Hilfsorganisationen geförderte
Projektbuch mit einem vorangestellten
Text von Ilija Trojanow versammelt auf
mehr als 500 Seiten Beiträge von knapp 90
Autorinnen und Autoren. Das mag zunächst
abschrecken, zumal auch erfahrene Rezensenten
viele der Namen nie gehört haben
werden. Aber wer in diese Texte eintaucht,
in denen Erfahrungen auf der Flucht und an
deren Ziel mal zumindest schreibend verarbeitet,
mal aber auch noch frisch wie gerade
erlebt und in neuer Sprache hingeschrieben
wirken, kann sich diesen oft sehr persönlichen
Zeugnissen kaum entziehen – und will
es auch nicht: Das ist die literarische Ebene
einer Willkommenskultur.
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Das Thema wird aufgefächert durch Beiträge
über „Seelenflucht“, Flucht vor der Mutter,
vor sich selbst oder vor der als immer unübersichtlicher
empfundenen Realität einer
Welt voller Fluchten. Auch eine vererbte,
familiär weiter wirkende Fluchterfahrung
wird angesprochen.
„Heimat ist ein Gefühl. Heimat ist nicht immer
vertraut, denn dort, wo das Vertrauen
wachsen will, wird es mit der Angst verjagt“,
schreibt Xenia Atanasovski aus der Sicht
eines Kindes. „Dort, wo meine Eltern sind,
will ich sein, denn dann bin ich nicht allein.“
Einer fängt zu erzählen an, und ein anderer
hört ihm wirklich zu: So beginnen laut dem
Herausgeber viele Geschichten dieses Sammelbandes.
Und genau so sind sie zu lesen.
Rolf Birkholz
Artur Nickel (Hg.): Von Fluchten und Wiederfluchten.
Eine Anthologie. 564 Seiten. Geest.
Vechta 2017. € 15,00.

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